Roy Kaufman, The Drama of a Rural Community’s Life Cycle: It’s Prehistory, Birth, Growth, Maturity, Decline, and Rebirth; Wipf & Stock Publishers, Eugene, OR: 2020; 277 pages, Paperback; ISBN 978-1-7252-6989-7.
Roy Kaufman beschreibt in seinem Buch die Kleinstadt Freeman in South Dakota, in deren Region er aufgewachsen ist und wo er vor seiner Pensionierung über viele Jahre als Pastor einer Mennonitengemeinde gewirkt hat. Kaufman stellt dar, wie sich in den 1870er Jahren mennonitische Gruppen aus Russland nach einer vorgängigen Erkundungsmission in Nordamerika auch in Freeman und Umgebung niedergelassen und damit die Region besiedelt hatten. Doch Kaufmans The Drama of a Rural Community’s Life Cycle ist mehr als eine Ortsgeschichte, auch wenn die verschiedenen täuferischen Immigrantengruppen und deren historischer Herkunft ausführlich und treffend beschrieben werden. Er beginnt sein Werk mit der geologischen Bildung der Böden Freemans und der Besiedlung durch die Ureinwohner. Sein Schwerpunkt liegt dann bei der landwirtschaftlichen Kultur der mennonitischen Immigranten und deren, von täuferischen Überzeugung geprägten Umgang mit Gottes Schöpfung. Die industrielle Landwirtschaft, welche im Wesentlichen nach dem Zweiten Weltkrieg in Freeman und Umgebung Einzug hielt, ging mit dem Niedergang dieser landwirtschaftlichen Arbeits- und Lebensweise einher. Neben dem Umstand, dass Landwirtschaftsland zunehmend knapp wurde, sieht Kaufman in den industriellen Umwälzung der Landwirtschaft um Freeman die Kräfte einer urbanen, kapitalistischen Mehrheitsgesellschaft, welche Land und Bauern durch staatliche Regulationen zu ihren ökonomischen Gunsten zu beeinflussen suchten. Trotz starken, deutsch-russisch geprägten Agrartraditionen dieser täuferischen Gruppen und deren ausgeprägtem Gemeinschaftsinn konnten sich auch diese der landwirtschaftlichen Industrialisierung nicht entziehen. Dadurch ging ein grosser Teil des überlieferten landwirtschaftlichen Kulturguts sowie die entsprechenden Werte dieser bäuerlichen Glaubensgemeinschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verloren.
Wie sehr man auch spürt, dass der Niedergang dieser bäuerlichen Agrarkultur Kaufman, der diese Zeiten selbst durchlebt hat, schmerzt, so ist er trotzdem optimistisch, wenn er in die Zukunft blickt. Kaufman glaubt, dass in täuferischen Glaubensüberzeugungen ein Schlüssel für nachhaltige und gesunde Landwirtschaft liegt, der lokalen Gesellschaften eine prosperierende Lebensgrundlage bietet. Diese bäuerliche Kultur lasse sich revitalisieren, wobei er gerade auch in der regenerativen Landwirtschaft und dem Neuentdecken alternativer Formen von kleinlandwirtschaftlicher Betätigung – als Gegensatz zum industriell-kapitalistischen Mainstream – Hoffnung sieht.
Kaufman schafft es, grosse landwirtschaftlich-kulturelle Themen unserer Zeit mit seiner Fallstudie zu Freeman greifbar zu machen. Dabei agiert er nicht als distanzierter Analyst, vielmehr spürt man, dass die ländliche Bevölkerung als Glaubensgemeinschaft und ihre landwirtschaftliche, auf den Gemeinsinn ausgerichtete Agrarkultur ihm ein Herzensanliegen ist. Nicht zuletzt zeigt Kaufman auf, dass die täuferisch-landwirtschaftliche Tradition, das entsprechende kulturelle Wissen sowie täuferische Werte und Überzeugung einen wertvollen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen unserer Zeit leisten können!
Nathanaël B. Weber, 24. Juni 2025